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Gastronomie -  29.09.2019
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Zwischen Wandel und Konstanten: Überblick über die Gastro-Szene – Bald eröffnet das "Riva"

Pforzheim. Manchen Menschen ist ein langes Leben beschieden – ungeachtet der Zeitläufte, Höhen und Tiefen. Sie altern in Würde, man zieht den Hut vor ihrer Lebensleistung. Jeder Vergleich hinkt – doch so ähnlich ist es in der Geschäftswelt, gerade in einer der mitunter schnelllebigsten Branchen: der Gastronomie. Viele Stammgäste kommen schon mit den Enkeln, sei es zu „Hoppe’s“, die an der Weiherstraße vor acht Jahren nach der Altstädter- und der Zehnthofstraße ihr drittes Quartier fanden. Leckere badisch-elsässische Küche, liebevolle Deko, Gemütlichkeit pur.

Oder bei Gerhard und Gaby Leiser im „Goldenen Bock“ unweit des Landratsamts in der Nordstadt: seit drei Jahrzehnten eine feste Bastion gehoben-gutbürgerlicher Küche. Zander an Rieslingsauce, saure Kutteln, Gans um Martini, Tatar einmal in der Woche – Redakteurs-Kollegen warten schon drauf.

Oder das „Parkhotel“ zwischen CCP und Enz, wo gerade die Küche in großem Stil umgebaut wurde, um die Arbeitsprozesse zu optimieren und einen Show-Küchen-Charakter rüberzubringen – eine Konstante in der Goldstadt-Gastronomie.

Im Kastanienhof im Brötzinger Museumsareal ist Tula Logotheti, die Chefin des „Alten Pfarrhauses“, zwar eine Griechin, aber Souvlaki, „Poseidonteller“ und Tzatziki wird man auf der Speisekarte von Küchenchef Wolfram Sickinger nicht finden – wohl aber feine Maultaschen und schmackhaften Rostbraten. Deutscher geht’s nicht.

Und wenn man schon beim Griechen ist: Es gibt die fast schon zum Goldstadt-Inventar gehörenden Lokale „Sirtaki“ im „Gelben Haus“ oder das „Olympia“ an der östlichen Weiherstraße. Und die „mittlere“ Generation: das wegen seiner Kundschaft treffenderweise inoffiziell Kafenion genannte Kaffeestüble an der Baumstraße.

Bei den Italienern ist Mario di Battista im gleichnamigen Restaurant an der Hafnergasse die wohl etablierteste Hausnummer: über vier Jahrzehnte Konstanz, eine sichere Bank, wenn es um Pizza, Pasta&Co. geht.

So hat jeder „sein“ Ristorante, dem er seit vielen Jahren die Treue hält – sei es „Bohrain“, „Mamma Leone“ und „Romulus&Remus“ (beide in Dillweißenstein) oder „Al Bacio“, erst an der Weiherstraße, dann bei der Altstadtkirche und aktuell in der Jägerpassage.

Dann gibt es die Neuen, passend „Neo Greek Grill Bar“ benamst, am Marktplatz, stets gut besucht und offensichtlich so profitabel, dass man an der Leopoldstraße eine „Zweigstelle“ eingerichtet und nach monatelangem Hin und Her offensichtlich die Auflagen des städtischen Baurechtsamts erfüllt hat und nun den Hunger nach einem Imbiss stillen kann.

Seit kurzem versucht sich auch ein anderer Grieche im ehemaligen „Schüttelfass“ („GReat“), der gastronomischen guten Stube des „Hotel Ruf“ gegenüber dem Bahnhof – allerdings mit dem gerade im Sommer strategischen Nachteil, keine Außengastronomie anbieten zu können. Ein klarer Vorteil fürs „Neo“ und ein Polster, das man gerne in die Wintersaison mitnimmt.

Weniger idyllisch saß man im „Mama da Vinci“ quasi direkt neben der Zehnthofstraße, doch seit der Fassadenrenovierung ist die Außengastronomie von der Kohlenmonoxidbelastung der vielbefahrenen Einfallsschneise in die innere City getrennt. Seit elf Jahren führt Franco Narcisi das Ristorante, unter anderem ein beliebter Ort für die Damen und Herren der Justiz an der Schulbergstaffel, um sich mittags zu stärken. Für Fans seines Ristorantes kann Narcisi Entwarnung geben: Die Anzeige in einem Internetportal, wo ein Nachpächter gesucht wird, habe sich erledigt, sagt der Gastronom: Er habe sich mit dem Besitzer geeinigt – es bleibe alles bei alten. „Top-Lokal mit Terrasse und gemütlichem Ambiente in bester Innenstadtlage“ ist folglich perdu.

Wieder da sind zwei Italiener, die Anfang der 1990er-Jahre auf die Wilferdinger Höhe zogen: Piero Sicignano und Maurizio Indorato. Der eine eröffnete nach dem „Klosterkeller“ in Maulbronn an der Wilhelm-Becker-Straße im „Hotel Royal“ seine gehobene Küche (Ente mit Trüffeln, Ravioli mit Hummerfleisch), der andere stand in erster Linie für preisgünstige Pasta aller Art (was auch dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl vor seinem Wahlkampfauftritt in der Stadthalle mundete).

Der Verfasser dieser Zeilen erinnert sich an seine Anfangsjahre bei der PZ, als er zuerst im „Ristorante da Piero“ bei Seeteufelmedaillons den Genuss fand und anschließend im „Spaghettissimo“ an der Stuttgarter/Karlsruher Straße für 9,90 Deutsche Mark den Hunger stillte.

Sicignano, für sein Pforzheimer Restaurant und danach die Gastronomie im Dillweißensteiner „Kurhotel 1900“ mit Gault-Millau-Hauben und Punkten geadelt, landete für 13 Jahre am westlichen Schloßberg – und zieht nun zum 1. Oktober unter Mitnahme des Namens „Riva“ an die Poststraße ins Saacke Carré. Indorato hingegen übernimmt unter dem vertrauten Namen „Spaghettissimo“ das Ristorante im VolksbankHaus.

Nachdem das ehemalige „i-Dipfele“ zwischen C&A und Rathaus der Innenstadtentwicklung-Ost hatte weichen müssen, suchte und fand der lokale Ableger von „Dean&David“ eine neue Heimat in der ehemaligen Filiale der Metzgerei Dietz am westlichen Eingang der Fußgängerzone. Damit reicht nun die Außengastronomie in der generalsanierten Parademeile vom „Dicken“ bis zur Galeria Kaufhof.

Geht man ein paar Schritte nach Süden durch die Lammstraße, stößt man auf einen wiederholten Leerstand: Man scheint es nicht zu packen hinter Galeria Kaufhof – erst machte ein kombinierter Laden mit Bewirtung schlapp, dann glühte im orientalischen Grillhaus der Rost nur wenige Monate.

Wesentlich längere Überlebenschancen werden dem wiederbelebten „Hopfenschlingel“ eingeräumt, der nicht mehr „Hopfenschlingel“ heißen wird. Bereits im August sollte das Lokal am Sedanplatz eigentlich geöffnet haben. Nun ist der Sommer fast rum – aber wer durch die manchmal offenstehende Tür blickt, sieht fleißige Handwerker sägen, hämmern, bohren und schrauben. Wie berichtet, werden die Eheleute Alldyz „Buci“ Korqai und Viera Muriqi das zweigeschossige Lokal übernehmen. Korqai ist seit zwei Jahren auch Betriebsleiter des nur wenige Meter entfernt liegenden „Hans im Glück“ im Martinsbau. Damit ist der Sedanplatz neben dem Areal zwischen „Wok on Fire“ (im ehemaligen Bettenhaus Weik an der Deimlingstraße) und dem „Café Roland“ im Turm der alten Alfons-Kern-Schule das gastronomisch am dichtesten besiedelte Quartier der Stadt.

Autor: ol