Gemeinden der Region
Pforzheim -  11.12.2023
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Eine Stadt, ein Tempo? Petition für 40 km/h in Pforzheim erhält viel Unterstützung

Pforzheim. „Der unsinnige Schilderwald ist überflüssig!“ – Das schreibt der Unterstützer einer Petition, die sich für ein einheitliches Tempo 40 auf Pforzheims Straßen einsetzt. Es ist schon lange ein Streitthema in der Goldstadt: Wie schnell darf man wo fahren?

Viele Pforzheimer sind von den wechselnden Tempovorgaben genervt.
Viele Pforzheimer sind von den wechselnden Tempovorgaben genervt. Foto: Meyer

Tempo 50, 40 oder 30 – immer mehr Menschen sind nicht nur verwirrt, sondern auch frustriert. Lothar Gassmann, Publizist und Theologe, hat deshalb am vergangenen Montag besagte Petition gestartet.

„Viele Menschen sind genervt wegen der ständig wechselnden Tempoangaben in der Stadt – 30, 30 von 22 bis 6 Uhr oder 50“, heißt es darin.

Daher bitte man darum, das gesamte Stadtgebiet zur 40er-Zone zu machen, mit entsprechenden Schildern am Ortseingang. „Das wäre doch ein guter Kompromiss für alle Seiten“, heißt es darin. In den reinen Wohngebieten könne man es bei Tempo 30 belassen. Manche Städte machten das bereits so – zum Beispiel Stuttgart, heißt es in der Petition weiter.

Gassmann ist nicht der einzige, der gegen die Tempo-30-Anordnungen der Stadtverwaltung vorgehen will. Ex-OB Joachim Becker und Karl-Heinz Zeller, ehemaliger Verkehrsdezernent und dann Umweltdezernent des Enzkreises, haben beim Amt für öffentliche Ordnung Widerspruch gegen die „Allgemeinverfügung“ eingelegt.

Viele Reaktionen

Zumindest bei den Bürgern scheint Gassmanns Vorschlag für ein einheitliches Tempo 40 schon mal gut anzukommen: Innerhalb weniger Tage sind über 500 Unterschriften zusammengekommen – auch etwa 100 Internetnutzer, die nicht aus Pforzheim oder Region stammen, unterstützen das Vorhaben.

Mittlerweile hat sich die Petition zu einer der erfolgreichsten auf der Webseite „Petitionen.com“ entwickelt. Die Initiative von Gassmann erreichte zwischenzeitlich sogar Platz zwei.

Die Gründe der Unterstützer sind vielfältig.

Ein Pforzheimer schreibt: „Ich unterschreibe, weil das aktuelle 30er-Chaos nervt und ziemlich kontraproduktiv ist – Staus und Stop & Go ist auch alles andere als umweltfreundlich.“

Eine weitere Person habe unterschrieben, „weil dieser Schilderwald absurd ist, Tempo 30 für 200m dann wieder 50… absolut undurchschaubar und irritierend.“

Irritierend und frustrierend findet das auch ein anderer Nutzer: „Ich unterschreibe auch, weil ich das eine super Lösung finde. Die vielen verschiedenen Geschwindigkeiten nerven beim Fahren, verursachen Frust und erzeugen auch öfters ,Streitigkeiten‘ (nicht so schöne Gesten) unter den Verkehrsteilnehmern. Bitte, bitte die 40 einführen.“

„Die Aufmerksamkeit gehört auf den Straßenverkehr gerichtet und nicht dem lustigen Schildersuchen in der Stadt. Natürlich würden unsere berühmten Blitzer etwas weniger Blitzen müssen“, schreibt ein weiterer Internetnutzer.

Ein Unterstützer aus Pforzheim fasst die Meinungen der Unterzeichner zusammen: „Das ganze 30/50 Wirrwarr ist keine Lösung.“

Gassmann ist glücklich über die zahlreichen Reaktionen. „Ich freue mich natürlich, dass so viele Menschen das wahrnehmen“, sagt er auf PZ-news-Nachfrage.

Noch habe es keine Reaktion von OB Peter Boch gegeben. An ihn habe er das Anliegen als erstes herangetragen, erzählt Gassmann.

Am Freitagmorgen hat Gassmann das Zwischenergebnis der Petition auch an die Stadtverwaltung gesendet. Er hoffe „auf Einsicht bei den relevanten Stellen“.

Ist Tempo 40 möglich?

Ist ein flächendeckendes Tempo 40 überhaupt eine Option für Pforzheim? Die Stadtverwaltung sieht das aktuell kritisch.

„Grundsätzlich möchten wir noch einmal betonen, dass die Tempo 30-Beschränkungen aufgrund des Lärmaktionsplans angeordnet wurden“, sagt Alina Di Sannio von der städtischen Pressestelle auf Nachfrage.

Dieser wurde vom Gemeinderat beschlossen. Die Maßnahmen seien mit dem Ziel der Lärmminderung und zum Schutz ruhiger Gebiete umgesetzt worden. Eine Änderung von Maßnahmen des Lärmaktionsplans sei nur in wenigen Fällen möglich.

Etwa wenn die Stadt in ihrem Ermessen rechtsfehlerhaft gehandelt habe oder andere mögliche Maßnahmen wie lärmarme Fahrbahnbeläge die Situation verbessern könnten, „was aber vorliegend nicht der Fall war und ist“.

In Städten, in denen Tempo 40 gilt, sei dies nicht aus Gründen des Lärmschutzes, sondern aus Luftreinhaltegründen angeordnet worden, so Di Sannio weiter.

Das sei in Pforzheim jedoch nicht das Problem. Drossele man die Geschwindigkeit nur auf 40 Kilometer die Stunde, sei die Reduzierung des Lärms zu gering.

„Eine flächendeckende Geschwindigkeitsregelung, sei es auf 30 km/h oder auf 40 km/h, ist grundsätzlich nicht möglich, solange die innerörtliche Regelgeschwindigkeit bei 50 km/h liegt.“

Di Sannio macht den Pforzheimern keine Hoffnung darauf, dass sich der Schilderwald bald lichtet: „Wechsel in den Geschwindigkeiten wird es solange geben, bis der Gesetzgeber die Straßenverkehrsordnung diesbezüglich ändert.“

Autor: cia